Autobahndirektion macht keine Hoffnung auf Tempolimits & Co. An der A 94 bleibt wohl alles, wie es ist

2022-09-03 11:50:50 By : Ms. Sola Xu

Besserer Lärmschutz, Tempolimits und zumindest mal Lärmmessungen – das sind drei zentrale Forderungen von Bürgern und Politikern entlang des neuen Abschnitts der A 94. Mit dem Verweis auf rechtliche Rahmenbedingungen erteilt die Autobahndirektion Südbayern an allen drei Punkten eine Absage.

Landkreis – „Es spricht aktuell nichts dagegen, dass alles grundsätzlich in Ordnung ist“, erklärt Behördensprecher Josef Seebacher. Allerdings: Beschwerden würden ernst genommen. „Wir schauen uns jeden Einzelfall genau an.“

Bei vielen Menschen entlang des 33 Kilometer langen Teilstücks durchs Isental liegen die Nerven blank. Die Protestunterschriften gehen bereits in die Tausende. Die (wahlkämpfenden) Politiker erheben im Namen der Bürger Forderungen. Oliver Lauw, Geschäftsführer der Isentalautobahn GmbH, wollte auf Nachfrage nicht dazu Stellung nehmen. Anders der Sprecher der Autobahndirektion Südbayern. Seebachers Antworten dürfte vielen in der Region nicht gefallen.

Maximal 60 km/h für Lastwagen und Tempo 100 für Autos – das fordert unter anderem der Stadtrat Dorfen in einer Resolution. „Unter den aktuellen rechtlichen Bedingungen sind Tempolimits nicht möglich“, entgegnet Seebacher. Er verweist hier auf die Straßenverkehrsordnung. Es gebe zwei Fälle, in denen auf Autobahnen Geschwindigkeitsbeschränkungen ausgesprochen würden. Entweder müssten geschwindigkeitsbedingte Sicherheitsprobleme vorliegen oder erhebliche Überschreitungen der Grenzwerte für Lärmsanierungen. Solche Maßnahmen sind an Bundesfernstraßen als freiwillige Leistung möglich.

„Die Lärmsanierungswerte sind aber deutlich höher“, erläutert Seebacher. Hier geht es zum Beispiel tagsüber in Dorf- und Mischgebieten um 69 dB(A). In vergleichbaren Bereichen entlang der A 94 gelten 64 dB(A). Diese Lärmvorsorgewerte, da ist Seebacher überzeugt, seien eingehalten worden. Menschen nehmen einen um zehn Dezibel höheren Schallpegel als doppelt so laut wahr.

Auch den entlang der Trasse geforderten Lärmmessungen erteilt der Behördensprecher eine Absage: „Sie können jeden Tag einen anderen Wert messen. Das schwankt zu stark und hat rechtlich keine Bedeutung.“ Relevant seien dagegen Berechnungen, wie sie fürs Planfeststellungsverfahren angestellt wurden. „Bei den Berechnungen geht man immer vom ungünstigsten Fall aus“, erklärt Seebacher – zum Beispiel von Wind in Richtung der Messstelle und einer schlechten Bodendämpfung etwa bei Frost.

Derzeit würden 20 000 Fahrzeuge am Tag gezählt, 10 000 in jede Richtung. „An großen Autobahnen haben wir 150 000 am Tag.“ Die Prognosebelastung der Isentaltrasse fürs Jahr 2025 liegt bei 42 000 pro Tag. Es sei aber nicht so, dass sich dadurch der Lärm verdopple, sagt Seebacher. „Der doppelte Verkehr bedeutet etwa eine Zunahme von drei Dezibel.“

Nur zur Überprüfung des sogenannten Flüsterasphalts werde es noch einmal Lärmmessungen geben, kündigt Seebacher an. Das liege daran, dass auf 20 der 33 Kilometer durchs Isental eine lärmmindernde Oberfläche eingebaut wurde, die aber noch eine gesonderte Zulassung brauche: DSH-V. Diese Asphaltdeckschicht reduziere die Rollgeräusche um drei Dezibel. Auf dem Rest der Isentaltrasse sei eine Waschbeton-Oberfläche eingebaut worden, die den Reifenlärm um zwei Dezibel mindere. Eine endgültige Prüfung „kann man erst machen, wenn wir keinen Frost mehr haben“, so Seebacher. Also nach Ostern.

Anders ist es bei den Fugen auf der Fahrbahn, die den Lärmgeplagten vor allem den Nerv töten. Beim Überfahren erzeugen Autos und Lastwagen lautes Rattern und Schlagen. „Das fährt sich ab“, verspricht Seebacher. In den ersten Wochen sei das schon sehr viel leiser geworden, das habe er selbst schon beim Befahren festgestellt. Insgesamt werde die Besserung zwei bis drei Monate dauern.

Die Fugen sind notwendig, weil es sich um eine Betonfahrbahn handelt. Ihre unterste Schicht besteht laut Seebacher aus Asphalt, darauf liegt eine durchgehende Betonpiste. Alle fünf Meter wird hier eine Fuge eingeschnitten, um temperaturbedingte Bewegungen auszugleichen. Im schlimmsten Fall könnte es sonst zu Blowups, dem Aufbrechen bei hohen Temperaturen kommen. In die Fugen wird eine bitumenhaltige Fugenmasse vergossen, die erst einmal um Millimeter hervorsteht. Diese weiche Unebenheit werde im Betrieb abgefahren, sagt der Sprecher.

Warum dann Beton und nicht – wie zum Beispiel bei der aktuellen Sanierung der A 92 – eine Asphalt-Fahrbahn? In Norddeutschland seien fast alle Autobahnen so konstruiert. „Beton ist die Bauweise der Zukunft“, erklärt Seebacher. Diese Konstruktionsweise sei robuster und damit langlebiger. Es gebe hier während des Betriebs auch weniger Baustellen.

Auch an den 57 Brücken rattert es beständig. Hier seien besonders lärmmindernde lamellenförmige Übergangskonstruktionen gewählt worden. „Was uns vorliegt, ist alles korrekt eingebaut“, erklärt Seebacher.

Der Kritik, dass auf Brücken durchsichtige Wände verbaut wurden, die angeblich den Schall nicht zurückhalten, widerspricht Seebacher. Diese Wände seien sehr wohl lärmmindernd und so gebaut worden, „um den menschlichen Eingriff in die Natur gefälliger zu gestalten. Wenn die Wände nicht durchsichtig wären, wäre der Lärm nicht weniger“. Das Gleiche gelte für den Vorwurf, dass viel für den Naturschutz ausgegeben worden sei, während Anwohner leiden. „Wir müssen sowohl für Fledermäuse als auch für Menschen gesetzliche Vorgaben einhalten.“

Dass hier die vertragliche Konstruktion als ÖPP-Modell beim A 94-Bau „Pfusch am Bau“ begünstige, wie Kritiker immer wieder vorbringen, weist Seebacher zurück. Die vertraglichen Vorgaben für den privaten Partner, also die Isentalautobahn GmbH, seien sogar sehr viel strenger als bei der herkömmlichen staatlichen Auftragsvergabe.

„Abweichungen haben wir noch nicht festgestellt“, sagt Seebacher zu den Übergabeinspektionen, die noch nicht abgeschlossen seien. Die geforderte Einsicht in die Protokolle werde gerade geprüft, erklärt Seebacher. „Das sind zehntausende Seiten technische Unterlagen. Was wollen die Menschen damit anfangen?“, fragt er. Das müsse aufbereitet worden.

„Die Grenzwerte können wir nicht ändern. Wir sind nicht der Verordnungsgeber“, erklärt der Vertreter der Direktion. Für jeden Bürger, ob in der Stadt oder in einer früheren Idylle, würden die gleichen Grenzwerte gelten. „Das ist psychologisch ein bisschen das Problem“, meint er. Die Hauptkritik komme nun „von denen, die vielleicht einen Kilometer entfernt wohnen. Für die war das nicht vorstellbar, dass sie ein bisschen Rauschen hören. Die sind aber von den Grenzwerten meilenweit entfernt“.